Heute ziehe ich aus. Nicht, um irgendwo anzukommen, sondern um meinem Inneren zu folgen.

Heute, jetzt in diesem Augenblick, ist einer dieser Momente kurz vor einem Neubeginn.
Ich sitze mit meinem Morgenkaffee am provisorischem Schreibtisch und blicke ein letztes Mal vom Laptop aus auf die schwäbische Alb. Dieser Blick hat für mich in den letzten 2 Jahren nicht an Faszination verloren. Es sieht immer anders aus und löst in mir ein Gefühl von Freiheit aus.

Aber jetzt ist alles ist gepackt und vorbereitet. Alle Entscheidungen sind schon längst getroffen worden. Und trotzdem ist noch nichts klar.

Ich stehe zwischen zwei Welten:
Der, die ich verlasse.
Und der, die ich noch nicht kenne.

Dieser Blogartikel ist der letzte, den ich aus meiner schönen Wohnung in einem kleinen Ort in der schwäbischen Alb schreibe. Denn genau heute ist mein letzter Tag in dieser Wohnung.
Heute Mittag geht es los: Die Umzugshelfer kommen, um den Transporter zu beladen. Und dann heißt es: Abfahrt! Hin zu unserem Haus in Slowenien und hinein in ein Abenteuer – wir nennen es liebevoll eine Expedition.
Und während ich das hier schreibe, spüre ich: Jetzt beginnt der Auszug wirklich.

Blick vom Schreibtisch aus dem Fenster

Ein erinnerungswürdiger Moment: Der Blick aus dem Fenster beim Schreiben dieses Blogartikels.

Auszug oder Umzug?

Ich bin schon sehr oft in meinem Leben umgezogen. Aber dieses Mal ist alles anders.

Warum?
Weil ich mich nicht neu niederlasse. Ich tausche diese Wohnung nicht gegen eine andere. Ich gehe nicht in das nächste Zuhause.

Ich gehe und lasse eine Art zu Leben zurück, die für mich mein ganzes Leben normal war.
Doch jetzt ruft mich etwas anderes. Nicht ein neuer Ort, nicht eine neue Arbeitsstelle: sondern eine neue Weise zu leben. Ich ziehe aus, weil ich mir Freiheit erlaube.
Und aus diesem Grund spreche ich dieses Mal von einem Auszug statt wie gewöhnlich von einem Umzug.

Ich habe vor allem in den letzten Monaten eines tief in mir gespürt und begriffen: Die Heimat ist nicht das Haus, in dem ich lebe. Und auch nicht der Ort, in dem ich zuhause bin.
Für mich ist Heimat etwas, das in mir ist. Und das ist da, egal wo ich bin.

Dieses Gefühl, dass Heimat in mir liegt, ist nicht einfach vom Himmel gefallen. Es war ein Weg dorthin.

Was ist Heimat (für mich)?

Ich habe sehr lange geglaubt, Heimat sei ein Ort. Vier Wände, ein fester Wohnsitz, eine Adresse. Und ich habe lange Jahre danach gesucht. Immer nach diesem Gefühl, endlich meine Heimat gefunden zu haben. Da, wo ich aufgewachsen bin, konnte ich es leider nicht spüren. Aber auch an all den anderen Orten, an denen ich gelebt habe, war da nicht die tiefe Verbindung, die ich mir zu einer Heimat gewünscht hätte. Oder die ich bei einer Heimat erwartet hätte.

Ich habe Menschen kennengelernt, für die ist Heimat wirklich ein Ort. Und ich habe sie zeitweise wirklich darum beneidet. So gerne hätte ich das auch erlebt. Hätte ich auch eine Orientierung gehabt in der weiten Welt und immer sagen können: Meine Heimat ist in Ort xy.

Das hatte ich aber nie. So oft habe ich mich auf dieser Welt verloren gefühlt, wie ein Fremdkörper. (Und ja, das habe ich auch heute immer noch.)
Aber in den letzten Jahren habe ich immer mal wieder gespürt, dass Heimat für mich etwas vollkommen anderes ist. Es fühlt sich für mich viel leiser und sanfter an. Und: es ist in mir drin.

Doch gleichzeitig kann es überall sein: Das sind Momente mit anderen Menschen, die mich tief berühren. Die vielleicht nicht meine Familie sind, aber mit denen ich mich dennoch tief im Herzen verbunden fühle. Oder Momente in der Natur, wenn ich mich vollkommen im Einklang mit allem fühle.

Für mich ist Heimat inzwischen etwas vollkommen anderes als das gewöhnliche Heimat-Konstrukt: Es ist ein Gefühl der Geborgenheit und Liebe. Und es ist ein Gefühl des Angekommen-Seins.

Und dennoch gibt es für mich auch ganz „materielle“ Heimat:
Mein Schal, in den ich mich wie eine Decke einkuscheln kann. Er kommt überall mit hin. Oder meine Lieblingstasse, aus der ich meinen Tee trinke und dabei auch immer ein bisschen in Erinnerungen schwelgen kann. Oder mein Lichtwecker, der mich überall ganz sanft ohne Lärm weckt.
Es sind kleine alltägliche Dinge, die mir zeigen, dass ich sicher bin. Sie schenken mir einen Rückzugsraum, in dem ich in mir ankommen und Heimat finden kann, zumindest für einen kurzen Moment.

Ein bewusster Auszug

Als ich für mich diese neue „Definition“ von Heimat gefunden hatte, konnte ich ganz anders nach meinen Werten und Bedürfnissen schauen. Und so kam die Entscheidung für den Auszug zustande. Denn dieser Auszug ist kein Muss. Es ist keine Flucht. Und auch kein äußerer Zwang.
Es war eine sehr bewusste Entscheidung.

Ich habe gespürt: Ein Abschnitt geht zu Ende. Nicht weil er schlecht war, sondern weil er einfach vollständig ist. Ich habe hier gelebt, geliebt, geweint und viel gelacht. Ich habe viel gelernt, mich verändert und bin über einige meiner eigenen Grenzen hinausgewachsen. Dieser Ort, an dem ich gelebt habe, passt nicht mehr zu der neuen Johanna.

Also lasse ich los. Nicht nur den Ort, auch den Drang, immer alles im Vorhinein zu wissen und zu planen. Denn ich weiß nicht, wohin es in den nächsten Jahren für mich genau gehen wird. Aber ich spüre, dass in mir ein großer Drang nach etwas Neuem ist. Es beginnt etwas, das Freiheit und Vertrauen braucht.

Da ist große Vorfreude auf das, was kommt. Auf den Raum, der sich öffnet, wenn nichts festgelegt ist. Auf die Abenteuer und Erlebnisse und auf die Menschen, die mir begegnen werden.
Aber manchmal sind da auch Zweifel und Wehmut. Und dennoch lasse ich mich von ihnen nicht abbringen, diesen Weg zu gehen, der sich für mich richtig anfühlt.

Es geht jetzt für mich darum, dem Herzen folgen und die kleinen Wunder am Wegesrand entdecken.

Dem eigenen Herzensweg zu folgen ist für mich eine Übung in Hingabe und Vertrauen. Und wenn ich bereit bin, sehe ich die kleinen Wunder am Wegesrand.

Wie es jetzt weitergeht

Heute ziehe ich aus, besser gesagt ziehen mein Mann und ich aus. Nicht in eine neue Wohnung, nicht in ein festes Zuhause. Unser Haus in Slowenien wird unsere Basis, ein Rückzugsort, an den ich immer wieder kommen möchte.

Aber: nicht die nächste Haltestelle und nicht der nächste Endpunkt. Denn ich möchte mich (noch) nicht festlegen. Ich weiß ja nicht, wie sich der Winter dort anfühlt. Und ich weiß nicht, ob es „für immer“ ist. Aber vielleicht muss ich das auch gar nicht wissen.

Was ich aber weiß: Ich will unterwegs sein.
Nicht im Sinne von Rastlosigkeit oder Suchen, sondern im Sinne von Spüren. Ich will an den Orten sein, die mich rufen. Länger als nur ein Urlaub. Und tiefer als ein „normaler“ Besuch. Ich will an diesem Orten leben und das Leben erleben. Denn ich spüre: Unterwegs zu sein ist meine Inspirationsquelle. Freiheit im Sein führt bei mir auch zu einer Freiheit im Kopf.

Unser Spielraum ist in etwa Europa. Das Auto unser fester Begleiter. Das war übrigens schon immer eine Heimat für uns.
Und die Route? Es gibt keine. Es gibt Gedanken, Ideen, Wünsche – Orte, an die wir oder einer von uns gerne reisen würde. Aber wohin es geht? Das entscheidet das Gefühl. Wenn Herz und Bauch „Ja“ sagen, steht das nächste Ziel fest.
In diesem Jahr könnte es noch nach Korfu gehen, da gab es mal so eine Idee…  

Ich weiß nicht, wohin das Leben mich trägt.
Aber ich weiß: Ich gehe. Und ich bin bereit.

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